Noch vor der offiziellen Bekanntgabe der ersten konkreten Ansetzungen für die anstehende Regionalliga-Spielzeit zeichnet sich eine umfangreiche Veränderung der Spieltags-Terminierungen ab.
Auf Basis des neuen TV-Vertrages zur Regionalliga Nordost erhält das neu gegründete Unternehmen „Ostsport.tv“ die vormals beim MDR gebündelten Übertragungsrechte.
Inzwischen ist bekannt, dass diese Partnerschaft deutliche Einschnitte für die Stadionzuschauer mit sich bringen soll, welchen wir uns geschlossen und konsequent entgegenstellen. Trotz bis dato ausbleibender Kommunikation seitens NOFV und Rechteinhaber soll schon jetzt feststehen, dass die Ansetzungen vom Standard-Termin 14 Uhr abweichen können und werden. Demnach sieht der Plan vor, dass die Spiele fortan mindestens zu zwei verschiedenen Uhrzeiten angepfiffen werden: mittags um 12 Uhr und nachmittags um 16 Uhr sind bereits belegt. Bekannt ist zudem, dass es dabei nicht bleiben wird und dadurch Vereine und Stadionbesucher zum Spielball der Vermarktungsinteressen werden.
Das Ziel dahinter ist klar: Die Zerstückelung ermöglicht es dem TV-Sender, mehr Spiele exklusiv live auszustrahlen. Damit verbunden ist in erster Linie der Wunsch, das Investment durch den Verkauf von Werbeslots zu sichern und mit dem „Premiumprodukt“ (Zitat NOFV-Präsident Hermann Winkler) Kasse zu machen.
Die beteiligten Clubs erhalten nach aktuellem Stand weniger als 15.000€ pro Saison vom Vertragsvolumen, sollen sich aber bitte auf Grund der Laufzeit über „Planungssicherheit“ freuen.
In der Regionalliga Nordost tummeln sich ausnahmslos Vereine, bei denen wöchentliche Zuschauereinnahmen zu den wichtigsten Posten im Saisonetat zählen. Dementsprechend wichtig sind stabile Zuschauerzahlen für die Finanzierung des Spielbetriebs. Die ohnehin schwankenden Einnahmen (auch unabhängig von pandemiebedingten Einschränkungen) werden durch die neue Ansetzungspolitik des NOFV in einem nicht annehmbaren Maße gefährdet. Zwei zentrale Fakten bezüglich dieses Aspektes geben hier Anlass, eine Abkehr zu fordern:
- Anstoßzeiten um 12 Uhr und 16 Uhr sind für viele Anhänger und Mitglieder deutlich schwerer zu realisieren als der etablierte Anpfiff um 14 Uhr. Zur Mittagszeit macht Sport weder aktiv noch passiv Sinn, ein Abpfiff gegen 18 Uhr ist u.a. für Familien ausgesprochen unattraktiv
- der wöchentliche Kampf der Vereine um das Interesse potentieller bzw. unregelmäßiger Stadiongänger wird durch die Verschiebung und Instabilität der Anstoßzeiten deutlich erschwert
Doch damit nicht genug: Wenn NOFV und TV-Anstalt(en) von einem „Premiumprodukt“ sprechen, schließt sich unweigerlich die Frage an, auf welcher Grundlage diese Einschätzung erfolgt. Die Vereine bewegen immer wieder hunderte und zum Teil tausende Anhänger und Mitglieder. Fragt sich der Verband, welcher immer auch die Interessen der Vereine in Fragen der Liga-Vermarktung zu vertreten hat, wie diese Menschen in Zukunft ihren Verein bei Auswärtsspielen unterstützen sollen, wenn 12 Uhr mittags in 300 Kilometer entfernten Stadien gespielt wird? Wie attraktiv ist die Liga noch, wenn Fans auf eine Anreise verzichten weil ein später Abpfiff keine Zugverbindung mehr ermöglicht? Wie planen Mitglieder der Vereine ihre Stadionbesuch in Einklang mit Arbeit und Familie, wenn die Anstoßzeiten kurzfristig und zu stets wechselnden Tageszeiten angesetzt werden?
Hinter die bis dato kolportierte Zufriedenheit aller Vereine mit dem neuen TV-Konzept setzen wir auch ein deutliches Fragezeichen, da der Bogen überspannt ist und der Rückfluss in keinem Verhältnis zu den realistischen Einnahmerückgängen steht. Überdies ist es im Sinne der Vereine, möglichst viele Gästefans anderer Vereine begrüßen zu können bzw. mit möglichst vielen Anhängern auswärts zu fahren. Die neuen Anstoßzeiten erschweren dies in einem Maße, welches auch langfristig die Fankultur in den jeweiligen Städten gefährdet. Fußball wurde, wird und muss weiterhin in den Stadien gelebt, geliebt und gelitten werden. Es ist klar, dass keine Einbeziehung der Vereinsvertreter erfolgte, eher wurde über die Köpfe hinweg entschieden und nun muss die fertige Konzeption mit Nachdruck durchgedrückt werden.
Es gilt, die geplante Spieltagszerstückelung Schritt für Schritt rückgängig zu machen, auch um damit ein Signal zu senden. Höhere Ligen bzw. andere Länder zeigen auf, wo die Reise hingehen kann, wenn nicht frühzeitig interveniert wird.
Heute ist klar: Die Vermarktungsinteressen stehen vor den Interessen der Stadionbesucher. Soweit gelten leider die Fakten des modernen Fußballs. Ein Schulterschluss aller Beteiligter auf Seiten der Vereine muss in der Frage der Spieltagszerlegung greifen, um die niedrigschwellige Möglichkeit des Stadionbesuches nicht zu verspielen.
Wir fordern daher eine konsequente Rückkehr zur Standard-Anstoßzeit samstags und sonntags um 14 Uhr, eine Abkehr von Gedankenspielen zu Montags-Ansetzungen und eine rechtzeitige Terminierung der Spieltage für eine frühzeitige Planung der Heim- und Auswärtsspiele für Vereinsverantwortliche, Anhänger und Mitglieder. Nicht nächste Saison, nicht in vier Jahren. Jetzt!
Was der NOFV als Produkt verkauft, ist unser Leben!
Wir treten der Spieltagszerstückelung konsequent entgegen!
SÜDKURVE-RAT FC CARL ZEISS JENA
11.07.2021